Tierwohl in der Diskussion

09. März 2017

09. März 2017. Die Kreisverbandsversammlung des Landvolkes Celle war geprägt durch den Vortrag „Tierwohl – Herausforderung für Tierhalter" von Dr. Lars Schrader und die anschließende lebhafte Diskussion

Rund 150 Mitglieder und Gäste aus der Landwirtschaft und den vor- bzw. nachgelagerten Bereichen begrüßte Jürgen Mente, Vorsitzender des Landvolks Celle, in Garßen. Er thematisierte den Spagat zwischen gesellschaftlichen Anforderungen und wirtschaftlicher Machbarkeit, der viele Teilbereiche der Landwirtschaft wie Tierhaltung, Pflanzenschutz und Düngung kennzeichne. Noch nie sei die Landwirtschaft so kritisch betrachtet worden. Dies führe zu großer Verunsicherung unter den Landwirten. Die Landwirte aber bräuchten langfristige Planungssicherheit, um Investitionen z.B. in neue Haltungssysteme wagen zu können, so Mente.


Landfrauenvorsitzende Ilsdore Heidmann betonte, wie wichtig es sei auch in schwierigen Situationen den Kopf oben zu behalten und positiv nach vorn zu schauen. „Ich wünsche den jungen Leuten weniger Verordnungen und Vorschriften und damit eine Zukunft in der Landwirtschaft" sagte Heidmann an die zahlreichen Fachschüler unter den Zuhörern gerichtet.


In seinem Grußwort führte Landrat Klaus Wiswe aus, dass die zunehmenden Verordnungen und Gesetze für die in der Landwirtschaft tätigen Personen unzumutbar seien. Des Weiteren sprach er über die anstehende Sicherung von FFH-Gebieten. Hierbei wolle der Landkreis mit allen betroffenen Bewirtschaftern und Grundstückeigentümern Hand in Hand arbeiten. Es werde neben Naturschutzaspekten auch die Interessen der Landwirtschaft mit berücksichtigt. Zudem betonte er die besondere Bedeutung der Feldberegnung für die Landwirtschaft im LK Celle.


Vorsitzender Mente ehrte Hans-Heinrich Gudehus aus Hambühren, den ehemaligen Vorsitzenden der Fortstbetriebsgemeinschaft Celler Land, für sein jahrzehntelanges Engagement um die forstlichen Belange in der Südheide, und Dr. Heinz-Eckhardt Plieth Abteilungsleiter und Lehrer an der Albrecht-Thaer-Schule Celle, der mehrere Generationen Landwirte ausgebildet und zur Reputation der Schule beigetragen habe. Beide wurden mit der silbernen Ehrennadel des Landvolkkreisverbandes Celle ausgezeichnet.


In seinem Vortrag ging Dr. Lars Schrader auf die Komplexität des Themas Tierwohl ein. Gesellschaftliche Ansprüche, Machbarkeit im landwirtschaftlichen Betrieb und mangelnde Entlohnung am Markt seien schwer unter einen Hut zu bringen. Er verdeutlichte, dass in vielen Bereichen geforscht werde, um die Haltungssysteme für die Tiere weiter zu verbessern. Hier werde intensiv nach praktisch anwendbaren Lösungen gesucht. Gleichwohl stellte er da, dass der Qualitätsstandard für Fleisch auf der Welt nirgendwo besser als in Deutschland sei. Dennoch würden sich die deutschen Verbraucher mehr Tierwohl wünschen. Dem widerspreche die Tatsache, dass 70% des konsumierten Fleisches in Deutschland über Sonderangebote vermarktet würden. Deshalb glaube er nicht, dass Verbraucher höhere Preise für mehr Tierwohl in Supermärkten akzeptieren werden. Er sehe die Notwendigkeit für eine öffentliche Förderung von mehr Tierwohl – im Sinne von gesellschaftliche Mittel für gesellschaftliche Forderungen, da nur ein geringer Teil der höheren Produktionskosten am Markt erlöst werden könnten. In diesem Kontext räumte er auch mit einem immer wieder genannte Vorurteil auf: „Die Anzahl von Tieren in einem Betrieb hat nichts mit Tierschutz zu tun!". Zum Ende seines Vortrages gab er zwei interessante Hinweise. Zum einen schlug er vor, bei der Architektur von Stallungen kreativer und flexibler zu werden, um auch damit für mehr Akzeptanz zu sorgen. Zum anderen sollen die Intelligenz und Fähigkeiten der Tiere in das Haltungssystem integriert werden, um mehr Tierwohl zu ermöglichen.


In der anschließenden Diskussion wurde die große Verunsicherung auch beim Thema Tierwohl unter den Landwirten deutlich. Ein Fachschüler der ATS Celle brachte dies zum Ausdruck: „Können Sie mir sagen, welche Stallsysteme in 20 Jahren noch unter Tierwohl-Gesichtspunkten gewünscht und zulässig sind?". Die Aspekte Umsetzbarkeit im Betrieb und Finanzierbarkeit standen mehrfach im Focus. Landwirte sähen sich nicht als Versuchskaninchen von Politik und Gesellschaft, so der Tenor.